Das im folgenden dokumentierte Zeugnis enthält hohes Lernpotenzial für Medienkonsument*innen, Wissenschaftler*innen, „Wissenschaftsskeptiker*innen“ und „Wissenschaftsgläubige“.

Dr. Robert Redfield war von Mitte 2018 bis Ende 2021 Direktor des CDC (Centers for Disease Control and Prevention), der obersten Gesundheitsbehörde der USA. In dieser Funktion war er auch Mitglied der Coronavirus Taskforce der US-Regierung (u. a. Neben Anthony Fauci, den er seit 40 Jahren persönlich kennt).

Redford hat am 8. März vor dem US-Kongress ausgesagt, im Unterausschuss zum Coronavirus des Ausschusses für Aufsicht und Rechenschaft (8. März 2023) was mit dazu führte, dass Repräsentantenhaus und Senat einstimmig (!) ein Gesetz beschlossen, das die Geheimdienste zur Offenlegung von Informationen zum Ursprung von Covid-19 verpflichtet (New Hampshire Bulletin, 10. März 2023).

Redford hatte von Beginn an den Eindruck, dass SARS-CoV-2 Ergebnis eines Laborunfalls war. Er nennt dafür drei konkrete Gründe. Zum einen weise das Virus Eigenschaften auf, die auf menschliche Manipulation hinwiesen, u. a. die vieldiskutierte Furin-Spaltstelle; zum anderen sei das Wuhan Institute of Virology, das bisher unter ziviler Aufsicht stand, im September 2019 überraschen unter militärische Aufsicht gestellt worden; drittens seien relevante Forschungsdaten (s. u.) gelöscht worden. Redfield glaubt, dass Sars-CoV-2 Ergebnis eines Laborunfalls ist: „Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Pandemie eine direkte Folge der Wissenschaft ist.“ (Thehill.tv, 10. April 2023)

Redfield fordert eine gründliche und transparente Untersuchung beider Ursprungshypothesen: der Natürlicher-Ursprung-Hypothese (spillover hypothesis) und der Laborunfall-Hypothese (lab leak hypothesis).

Er kritisiert, dass ein Kreis von Wissenschaftlern, darunter Anthony Fauci, Peter Daszak und Christian Drosten, sehr früh, bereits im Februar 2020, sich zusammenschlossen, um ein Narrativ vom natürlichen Ursprung von Sars-CoV-2 in die Welt zu setzen, über Medienarbeit und Briefe an wissenschaftliche Journals, wobei sie aggressiv gegen Andersmeinende vorgingen: „Sie bezeichneten mich als Verschwörer, weil ich eine andere Sichtweise vertrat (The Lancet und Science.org, 19. Februar 2020).“ Auffällig: Die Autoren benützten auch den Begriff “misinformation” (Desinformation), um Kolleg*innen, die eine andere fachliche Einschätzung vertraten, öffentlich zu diskreditieren. In den nicht-wissenschaftlichen Medien standen die Vertreter*innen der Labor-Ursprungshypothese sehr bald als „Verschwörungstheoretiker“ da – nicht hingegen die Vertreter der der Natürlicher-Ursprung-Hypothese, obwohl sie ebenso gut Mitglieder einer Verschwörung sein konnten. Laut Redfield stand die Reputation der „gain-of-function“-Forschung (GOF) am Spiel. Diese Forschung an der Scheidelinie zwischen ziviler und militärischer Forschung ist brandgefährlich, sie beinhaltet die gentechnische Manipulation von Viren, um sie ansteckender und gefährlicher zu machen, um im Falle einer natürlichen Evolution in diese Richtung rechtzeitig mit Impfungen zur Stelle zu sein. Entwickler*innen mit militärischen oder terroristischen Motiven könnten solche Viren auch bewusst freisetzen, dann wären es Biowaffen. Diese GOF-Forschung wurde deshalb in den USA vorübergehend mit einem Moratorium belegt, weshalb US-Wissenschaftler rund um Anthony Fauci und Peter Daszak nach Wuhan auswichen, jedoch mit öffentlichen Geldern des NIH, des NIAID, des Gesundheitsministeriums und anderen Stellen. Auch Forschungsgelder aus der EU flossen nach Wuhan (infosperber, 11. April 2023). Ein Zusammenhang der Covid-19-Pandemie mit der GOF-Forschung hätte ihr Aus bedeuten können, das hätte zur Schließung von Forschungsinstituten und zum Stopp von Forschungsprogrammen geführt. Von daher ist eine konzertierte Aktion zur Ablenkung des Sars-CoV-2-Ursprungsverdachts von dieser problematischen Forschung durchaus plausibel. Die Narratoren der Natürlicher-Ursprung-Hypothese nähren gerade durch ihre unsachlichen und aggressiven Formulierungen diesen Verdacht.

Die wissenschaftliche Kontroverse hat Vorgeschichte: Schon 2013 wandten sich 56 Wissenschaftler*innen, darunter drei Nobelpreisträger*innen, in einem öffentlichen Brief an die EU-Kommission, sie möge die „gain of function“-Forschung strenger regulieren – damals ohne Erfolg (Letter to EC president José Manuel Barroso, The Foundation for Vaccine Research, 18. Dezember 2013).

Nächste Pandemie durch „GOF-Forschung oder Bioterrorismus“

In einem Interview mit The Hill sagt Redfield etwas gleichermaßen Unangenehmes wie Schlüssiges: So sich nichts ändere, werden wir eine nächste Pandemie erleben, „und ich glaube, es wird eine heftige Pandemie sein (…) Sie wird nicht natürlichen Ursprungs sein, sondern Ergebnis von GOF-Forschung oder absichtlichem Bioterrorismus“ (Thehill.tv, 10. April 2023). Der letzte Aspekt ist etwas überraschend, weil bisher hauptsächlich die Laborursprungshypothese in der „Unfall“-Variante diskutiert wurde, nicht aber, dass jemand ein neues – ansteckenderes oder gefährlicheres – Virus absichtlich freigesetzt haben könnte. Diese Möglichkeit ist jedoch untrennbar mit dieser Forschung verbunden. Eine Atombombe kann nicht so einfach aus einem militärischen Hochsicherheitsbereich entwendet und angewandt werden wie – ein synthetisches Virus. Die Janusköpfigkeit der GOF-Forschung an der medizinisch-militärischen Grenzlinie taucht immer wieder auf: beim Wechsel von ziviler auf militärischer Kontrolle des Wuhan-Instituts, bei der Umbenennung des führenden Instituts auf der Johns Hopkins University von „Center for Civilian Biodefense Studies“ auf „Center for Health Security“ oder bei Militärstrategen wie General McChrystal, die den Frame „war against terrorism“ auf „war against the virus“ ummünzten.

Forderung nach Forschungsmoratorium

Die nächste Pandemie könnte im Zusammenhang mit der GOF-Forschung am Vogelgrippe-Virus entstehen, vermutet Redfield, wenn – ähnlich wie bei Sars-CoV-2, diese ansteckender und leichter von Mensch zu Mensch übertragbar gemacht werde – „sehr ähnlich zu dem, was wir bei Covid gesehen haben“. Redfield empfiehlt: „Wir brauchen ein Moratorium für die GOF-Forschung. Das sollte nicht nur von Wissenschaftler*innen entschieden werden, sondern wir sollten eine breite gesellschaftliche Debatte führen, ob wir diese Form der Forschung benötigen oder nicht.“ Redfield gibt sich pragmatisch. Befürworter der GOF-Forschung wie Anthony Fauci könnten dann ihre Argumente ebenso vorbringen wie Skeptiker wie er selbst – am Ende solle aber die gesamte Gesellschaft entscheiden.

Ich frage mich, wieso unsere Gesundheitsminister, die angeblich alles für unsere Gesundheit tun, dieses hochsensible und brandgefährliche Thema nicht am Schirm haben – von Anschober, Mückstein, Rauch, Spahn oder Lauterbach war dazu bisher kein Sterbenswörtchen zu vernehmen. Es spielt auch in den bisherigen Ankündigungen zur Aufarbeitung des Pandemiemanagements keine Rolle. Eher ist es vorstellbar, dass Karl Lauterbach über Impfschäden spricht als über diese brisante Zukunftsgefahr.

Wie real mache bereits die nächste Pandemie an die Wand malen – 2025 Ausbruch in Venezuela, diesmal Risikogruppe Kinder, 20 Millionen Tote – habe ich im letzten Eintrag „Karl Lauterbach und ich sind jetzt einer Meinung“ dokumentiert.

„Wissenschaftsskepsis“

Es gibt aber noch ein anderes wichtiges Learning aus diesem Zeugnis von Robert Redfield. Die Debatte um angebliche „Wissenschaftsskepsis“ in Österreich, zu der sich jüngst auch Ex-Bildungsminister und nunmehriger Präsident der Akademie der Wissenschaften, Heinz Faßmann (Der Standard, 15. April 2023) – sehr oberflächlich (Forschung dient primär der Exportwirtschaft) – zu Wort gemeldet hat, greift ebenso zu kurz wie der Slogan „Wir glauben an die Wissenschaft!“ Die Wissenschaft ist, wie schon an anderer Stelle ausgeführt, kein Monolith. Spitzenforscher*innen von höchstem Renommee, die seit Jahrzehnten Seite an Seite arbeiten, können zu ein und derselben Fragestellung sowohl eine ganz unterschiedliche fachliche Einschätzung als auch ethische Einstellung haben. Beide Zugänge können wiederum maßgeblich von Interessen getrieben sein, wie diese Geschichte eindrücklich zeigt. Die GOF-Forschung ist zum einen brandgefährlich und ethisch nicht vertretbar. (Was passiert, wenn sich bewahrheiten sollte, dass sie erst die Pandemie hervorrief, vor der sie eigentlich schützen sollte?) Gleichzeitig gibt es mächtige Interessen, die diesen Forschungszweig nicht nur am Leben erhalten wollen, sondern dafür auch öffentliche Mittel – im vorliegenden Fall aus den USA und der EU – lukrierten und mit nach China nahmen. Vor allem aber zeigt sich hier, dass „Wissenschaftsskepsis“ und „Wissenschaftsglaube“ gleichermaßen irreführende Begriffe sind, weil es „die Wissenschaft“ hier nicht gibt. Es gibt Wissenschaftler*innen, die bereit sind, bestimmte Forschungen durchzuführen und andere, die sich aufgrund ethischer Bedenken dafür einsetzen, dass dies untersagt wird. Es gibt Wissenschaftler*innen, die ihre Kolleg*innen öffentlich angreifen und die Öffentlichkeit täuschen, um ihre Interessen zu wahren. All das und vieles mehr gibt es. Ganz zu schweigen davon, dass Wissenschaftler*innen bei einer Fragestellung zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen oder ähnliche Ergebnisse unterschiedlich interpretieren können. „Die Wissenschaft“ als einheitlicher Block oder Konsensgemeinde existiert häufig nicht. Und deshalb ist auch mit großer Vorsicht zu genießen, wenn eine Seite Kollegen, die anderer Meinung sind, als „Verschwörungstheoretiker“ bezeichnet oder als Verbreiter von „Desinformation“. Robert Redfield hat das, obwohl er sich transparent positioniert hat, nicht getan. Er hat lediglich festgestellt, dass es „antithetisch“ sei, nur eine einzige Hypothese zu verfolgen und alle anderen von vornherein auszuschließen – oder eben als Verschwörungstheorie zu framen. Und er setzt sich für eine öffentliche Diskussion über die gesellschaftliche Kontrolle problematischer Forschungszweige ein, wovon andere nichts wissen wollen.

PS: Ein letztes Learning: Selbsternannte „Faktenchecker“ verwenden mit Vorliebe den Kampfbegriff „Verschwörungstheoretiker“ oder „-ideologe/in“, um Personen, deren Ansichten sie nicht schätzen, zu diskreditieren. Hier sollten wir wachsam sein. Dazu mehr an anderer Stelle.