Der Sommer naht, die Fallzahlen gehen stark nach unten, und die Rücknahme der Zwangsmaßnahmen führen auch zur Frage, wie lange die FFP2-Maskenpflicht noch gelten wird. Gesundheitsminister Werner Mückstein beklagt sich heute im Ö1-Morgenjournal über den Koalitionspartner mit den Worten: „Hier jetzt relativ unkonkrete Ankündigungen zu machen, halte ich ehrlich gesagt für entbehrlich.“ Solche würden „eher für Verunsicherung in der Bevölkerung sorgen als für Orientierung“. Weitere Lockerungen müsse man auf Basis von Daten und Fakten überlegen, so der Gesundheitsminister. – Nur Lockerungen? Das Aufrechterhalten von Zwangsmaßnahmen dagegen nicht? Am Vortag hatte Mückstein in der Kleinenzeitung angekündigt: „Über den Sommer und auch im Winter werden wir die Maskenpflicht grundsätzlich noch haben.“ Wie bitte? Auf Basis welcher „Fakten“ möchte der Minister wissen, was im Sommer und bis Ende März 2022 angebracht ist? Gilt für ihn nicht, was er vom Koalitionspartner verlangt? Wenn sich das Virus im Sommer eine Verschnaufpause nimmt, sollte ein faktenaffiner Minister dann nicht für die Möglichkeit offen sein, auch der Bevölkerung eine Maskenpause zu verschaffen? Und für die Möglichkeit – sollte das Virus im kommenden Winter nicht in gleicher Stärke wiederaufflammen, wofür schon allein die bis dahin hohen Impfraten sprechen – die Masken im Schrank zu lassen? Vorherige Corona- und Grippeviren verschwanden immer wieder zur Gänze, ohne dass die Wissenschaft genau weiß warum. Wissen tun wir, dass Viren einfach wieder verschwinden können – und dass jede Welle anders ausfällt. Mit der Formulierung im Indikativ (!) „Wir werden im Winter die Maskenpflicht haben.“ zeigt der Minister, dass ihn die Fakten in sieben Monaten, zu Winterbeginn, überhaupt nicht interessieren – er legt jetzt etwas fest, wovon heute niemand wissen kann, wie sinnvoll es im Dezember sein wird. Diese Aussage verstärkt nicht den Eindruck, dass es dem Minister um Fakten geht, sondern eher, dass Zwangsmaßnahmen zum Selbstzweck werden.

Eine Alternative bestünde darin, angesichts a) der steigenden Durchimpfungsrate, b) der geringen Evidenz, dass Menschen im Öffentlichen Verkehr oder beim Einkauf angesteckt werden, c) des Abebbens der aktuellen Winter- und Frühjahrswelle sowie d) der besseren Kenntnis der Krankheit und der dadurch möglichen höheren Eigenverantwortung der Menschen, das Maskentragen auf Freiwilligkeit umzustellen. Mit staatlicher Unterstützung wie zum Beispiel der Ausgabe kostenloser Masken beim ÖPNV oder dem Hinweis, bei dichtem Gedränge von der Möglichkeit einer Maske Gebrauch zu machen. Es wird Zeit, die staatliche Bevormundung in Unterstützung der und Vertrauen in die Bürger*innen und ihre Gesundheitskompetenz zu wandeln. Auch Fakten darf die Regierung gerne zur Erleichterung der Gesundheitsentscheidungen der mündigen Bürger*innen zur Verfügung stellen.

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Leider kann ich diesen Eintrag noch nicht beenden. Denn gleichermaßen beängstigend empfinde ich die Aussage von Mückstein im selben Interview: „In Bezug auf die Tragepflicht in Schulen meint Mückstein, die Masken in den Schulen würden helfen, die Kinder, die noch nicht geimpft sind, zu schützen.“ Wovor schützen?, fragt sich hier. Denn bis Anfang März 2021 war in Österreich nur ein einziges Kind unter 15 Jahren an Covid-19 verstorben. Laut einer internationalen Alterskohortenstudie liegt die Infection Fatality Rate bei 10-jährigen bei 0,002% – bei jüngeren Kindern geht es in Richtung absolute Insignifikanz. Im Gegensatz dazu sterben laut einer Studie in 92 Ländern jährlich bis zu 100.000 Kinder unter 5 Jahren an der Grippe. Wenn, dann müssten demnach Homeschooling, Maskenzwang und Impfung nicht wegen Covid-19 verordnet werden, sondern wegen der Grippe. Das besagen zumindest die hier gebrachten Fakten. Doch offenbar wurden derartige Zwangsmaßnahmen selbst bei der – für Kinder! – viel tödlicheren Grippe bisher für unnötig oder unverhältnismäßig erachtet. Das kann ich verstehen. Nicht verstehen kann ich Maskenzwang und Impfung von Kindern gegen Covid-19. Das Mückstein-Interview löst in mir auch aus diesem Grund Beklemmung aus.