Ich habe Angst, dass schon bald die Reisefreiheit an eine Impfung oder einen Test geknüpft werden könnte. Mehrere Aspekte machen mir Angst:

1. wird – derzeit – nicht dazugesagt, ob ein Antikörpertest auch reicht, dann wären einigen Studien zufolge 30 Prozent der Bevölkerung von der Impf- und Testpflicht, wenn sie frei reisen wollen, ausgenommen. Kanzler Kurz zählte nur drei andere Fälle auf: Impfen, testen oder eine man hatte „gerade“ eine Infektion. Was ist, wenn ich vor einem halben oder einem Jahr Corona hatte – und vielleicht mein Immunsystem so gut dagegen ankam, dass asymptomatisch und auch nicht ansteckend war, und jetzt sogar in noch höherem Maße immun bin: weil mein Immunsystem schon beim „Erstkontakt“ mit dem Virus zurecht kam und es jetzt zudem schon kennt. Vielleicht sind das signifikante Teile der Bevölkerung, werden die jetzt – unnötiger Weise – zum Testen oder Impfen gezwungen?

2. Auch Antikörper sind nur eine Reaktion des Immunsystems. Es ist erwiesen, dass Infizierte mit asymptomatischem Verlauf mitunter so wenige Antikörper ausbilden, dass diese schon nach kurzer Zeit nicht mehr nachweisbar sind. Vielleicht sind das aber Personen, deren Immunsystem ausreichend vor Covid-19 schützt und die daher keiner Impfung bedürfen. Würden solche Personen, die weder selbst gefährdet sind noch für andere eine Gefahr darstellen, unter den Test- oder Impfzwang fallen? Die Wissenschaft scheint hier von klaren Erkenntnissen noch weit entfernt zu sein. Impfen oder gar Impfzwang zum „Überkleistern“ eines mangelnden Kenntnisstandes ist sicher keine angemessene Lösung.

3. Was ist mit den Kreuzimmunen? Auch sie könnten gegen das Coronavirus ausreichend geschützt und im Falle einer Infektion nicht für andere ansteckend sein, aber wer unterscheidet das? Kreuzimmunität ist jedenfalls kein bisher diskutierter Ausnahmetatbestand von der Impf- oder Testpflicht.

4. Wenn Bill Gates in der ARD wörtlich sagt: „Wir werden sieben Milliarden Menschen impfen“ (min. 6.56 im Video), dann kommen da weder die Immunen noch die Kreuzimmunen noch die Genesenen vor. Geschweige denn die, die sich nicht impfen lassen wollen. Über die alle fuhr Gates einfach drüber. Die Zahl „sieben Milliarden“ in Verbindung mit dem Indikativ zu verwenden, ist eine Form sprachlicher Gewalt. Weil sie eine von ihm persönlich bevorzugte Lösung für alle *ankündigt*, ohne auch nur eine Person zu fragen, ohne eine demokratische Entscheidung auch nur in Erwägung zu ziehen und ohne diejenigen sichtbar zu machen, die das nicht wünschen oder sogar explizit ablehnen. Eine angemessene Formulierung wäre gewesen: „Wir arbeiten daran, all jenen Menschen, die eine (sichere und gefahrlose) Impfung wünschen, diese zu ermöglichen.“

5. Impfen ist auch ein Geschäft. Das mag nur ein Nebeneffekt sein und niemandes Hauptintention, aber es wäre naiv, die Verhältnisklärung zwischen Nebeneffekt und Hauptintention außer Acht zu lassen. Solange das Impfen ein Milliardengeschäft ist, müssen die Vor- und Nachteile einer Lösung stets sorgfältig abgewogen und Alternativen mitberücksichtigt werden. In Demokratien sollte von jeder Art von Diskriminierung jener, die sich gegen eine Impfung entscheiden, Abstand genommen werden.

6. Aus den oben genannten Gründen ist es auch unverhältnismäßig, Menschen, die an Grippe erkrankt sind und hochansteckend sind, keine Testpflicht, keine Quarantäne, keine Reisebeschränkung und keine Impfpflicht abzuverlangen, obwohl in Deutschland bis zu 25.000 Menschen pro Jahr an der Grippe sterben und in Österreich bis zu 6.000. Asymptomatische Covid-19-Infizierte dürfen nicht reisen, hochsymptomatische Grippe-Kranke dürfen frei reisen – wie verhältnismäßig ist das?

7. In einer öffentlichen Diskussion über Impf- und Testzwang als Voraussetzung für freies Reisen sollte von Beginn an dazugesagt werden, wann das wieder ein Ende hat. Zum Beispiel spätestens dann, wenn für alle Menschen, die eine Impfung wünschen, eine Impfung zur Verfügung steht. Denn es ist wohl eher Menschen, die Angst vor Covid-19 haben, eine Impfung zuzumuten, als jenen, die keine Angst haben, eine solche als Voraussetzung zur Wahrnehmung ihrer Grundrechte aufzunötigen.